kussbild

FAQs - Frequently Asked Questions


Wann begannen Sie sich künstlerisch zu betätigen? Was hat Ihr Interesse erweckt?

Dazu muss ich ein wenig ausholen.
Es gab zweierlei Einflüsse:

Die Farbenvielfalt von Anstrichmitteln (Lacke) hat mich als Kind schon mehr als nur fasziniert.
In meiner Jugend lernte ich dann die bunte Bakterienwelt kennen. Ich züchtete meine Luft- und Wasserbakterien auf improvisierten Nährböden. Ich verglich sie immer mit den Farbpigmenten der Lacke. Ans Malen dachte ich allerdings damals noch nicht. Es blieb beim Fotografieren meiner mikrobiologischen Entdeckungen.
Durch die Vermehrung wurden die unsichtbaren Bakterien sichtbar. Aber auch mit dem freien Auge sichtbare Elemente müssen unter Umständen erst sichtbar gemacht werden. Ein unscheinbar grauer Schotterhaufen kann wahre Kleinode beherbergen. Man muss nur nach ihnen suchen!

Waschbeton

Diese Tischplatte ist nur 40 x 40 cm groß. Sie zeigt die handverlesenen Kleinode aus 300 kg Donaukies, passend in Form, Farbe und Größe, zu einem Mosaik zusammengefügt. Die spezielle Technik wurde patentiert. So begann meine künstlerische Tätigkeit, Mitte der 70-Jahre.
Die Entdeckung der Bacteriographie sollte noch dauern.

A005

1997 - die ersten Ideen

A005

1999 – die ersten Originale als Kleinstformat

Ab 2005 – die ersten Originale in A4 und A3-Format.

 

Wie kamen Sie auf die Idee mit Bakterien zu malen?

Die Idee kam spontan, eine rote Kolonie eines Luftbakteriums inspirierte mich dazu. Dieser bunten Welt begegnete schon Ferdinand Julius Cohn, es sollte aber noch über 100 Jahre dauern, dass die faszinierende Buntheit der Bakterien Einzug in die Bildende Kunst nehmen konnte.

 

Was waren Ihre ersten Erfahrungen?

Schon nach den ersten Versuchen war mir klar, dass dahinter nicht nur das künstlerische Spiel, sondern ernste Wissenschaft steht. Hierarchische Strukturen waren bereits zu erkennen.

 

Wie kamen Sie auf den Namen „Bacteriographie“?

Die Namensgebung kam ebenso spontan wie die Idee, mit Bakterien zu malen. Bacteriographie bedeutet frei interpretiert „Das Malen mit Bakterien“.

 

Wie gelangen Sie zu Ihren Bakterien?

Meine Bakterien, die man nicht sieht und doch überall sind, finde ich in Luft und Wasser. In allen Ländern, dazu gehört auch Island, Grönland, das arktische Gebiet (Spitzbergen), in allen Höhenlagen (Jungfrauenjoch) werde ich fündig.
Weiters dienen Weihwasser und auch Schneeflocken als Fundquelle. Die meisten Bakterien stammen aus Deutschland und Österreich.

 

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für einen Fund?

Am Anfang kam fast jeden Tag ein Neuling dazu, heute sind 10.000 Fundversuche erforderlich, um ein neues Bakterium zu finden. Das „Fangnetz“ des Bacteriographen ist die Petrischale.

 

Welche Farbe wird wo gefunden? Welche Farben sind sehr häufig?

In der Luft dominieren Rot, Orange, Gelb, Weiß, Beige. Sehr selten sind Braun-, Grau- und Olivgrün-Töne. Im Wasser sind Violett-Töne eher häufig, Blau und Grün dagegen selten. Es gibt einige Farben, die bei rd. 100.000 (2010) Fundversuchen kein zweites Mal in Erscheinung getreten sind. Als Beispiel führe ich ein oliv-bronzefarbenes Bakterium an, das in Marktheidenfeld (Spessart) gefunden wurde. Es ziert das Gesicht von Egon Schieles „Die Liegende“.

 

Welche technische Ausrüstung braucht man u. a. für die Bacteriographie?

 

Welche Aufgabe übernimmt der „Binderschrank“?

Der Kühlbrutschrank der Firma Binder sorgt für eine gleichmäßige Temperatur(+/- 0,1 °C). Temperaturschwankungen wirken sich auf die Entwicklung der bacteriographischen Bilder negativ aus. In der Regel beträgt die Temperatur 24 °C +/- 0,1 °C. Der „Binderschrank“ spielt also eine sehr wichtige Rolle in meiner Kunst! In einem solchen Schrank konnte ich die bacteriographische Wiedergeburt von Robert Koch, Louis Pasteur, Ferdinand Julius Cohn, Antoni van Leeuwenhoek und Lazzaro Spallanzani erleben. Ein absolutes und einmaliges Weltereignis!!! Die dazugehörigen Gemälde befinden sich heute im Naturhistorischen Museum in Wien. Sie sind auch im Museumsbesitz.

 

Befinden sich Ihre Gemälde nicht nur im Museums-, sondern auch im Privatbesitz?

Natürlich, hauptsächlich in der Schweiz, aber auch in Deutschland und Österreich.

 

Wie lange muss ein Bild im „Binderschrank“ verweilen? Wie lange dauert eine Bildentwicklung?

Die Entwicklungszeit hängt von der bacteriographischen Technik ab. Normalerweise dauert es 2 bis 4 Tage, bei speziellen Techniken aber auch 10 Tage, bis die Entwicklung abgeschlossen ist.

 

Und welche Bedeutung hat die sterile Werkbank?

Sie wird zur Vortrocknung des Maluntergrundes verwendet. Sie gewährleistet, dass auch nach Trocknungszeiten von mehreren Stunden keine fremden Mikroorganismen auf die Malfläche gelangen können.

 

Der Reinraum dient zum Malen?

Ja, im Reinraum wird gemalt. Er ist ununterbrochen mit UV-Licht bestrahlt, das klarerweise während des Malens abgeschaltet ist. Ein Ein- und Ausgehen wird minimal gehalten. Gearbeitet wird nur in  Unterwäsche, denn auch auf der Kleidung haften jede Menge Mikroorganismen, die störend auf die Malfläche gelangen könnten. Sonst ist keinerlei Schutz erforderlich.

 

Mal was ganz anderes – sind die Bakterien nicht gefährlich?

Nein, absolut nicht! Abgesehen davon, dass ein fertiges bacteriographisches Gemälde auf Grund verschiedener Inaktivierungsvorgänge keine lebenden Bakterien enthalten kann, sind selbst die lebenden Bakterien ungefährlich. Dass der lebenden Materie mit einem gewissen Respekt begegnet werden muss, versteht sich von selbst.

 

Sie sprachen von einer Bildentwicklung. Wenn ein Bild gemalt ist, ist es doch fertig, oder?

Bei bacteriographischen Gemälden ist vieles anders. Es muss mit so wenig Biomasse gemalt werden, dass man nach dem Malen - außer ein paar zarten Spuren - nichts sehen kann. Erst durch die Vermillionenfachung der aufgemalten Biomasse wird das Bild allmählich sichtbar. Beim Aufbringen von bereits sichtbaren Mengen an Biomasse sind viele Regulative der verschiedenen Maltechniken blockiert. Ein daraus resultierendes Gemälde besäße keinerlei Charakter.

 

Und wie malt man unsichtbar?

Es ist fast unsichtbar. Zarte Spuren sind ja zu sehen. Das ist noch nicht das eigentliche Problem. Viel schwieriger ist es, den Pinsel kein einziges Mal falsch anzusetzen. Das ist bei mitunter 2000 Malansätzen schon sehr konzentrationsintensiv. Natürlich ist bacteriographisches Malen mit sehr vielen Studien verbunden.

 

Sie haben Maltechniken angesprochen – welche gibt es?

 

Spielt der Zufall in der Bacteriographie eine Rolle?

Es gibt 2 Prinzipien:

Die Bildumsetzung erfolgt exakt nach meinen Vorgaben. Dieses Prinzip wird hauptsächlich bei gegenständlichen Motiven angewendet. Der Zufall hat dabei keinen Einfluss!

Viele Ensemblemitglieder können ihre Eigenschaften in sog. Bandbreiten entfalten. Die Bandbreite kann gesteuert werden. Je enger sie wird, umso mehr nähere ich mich dem deterministischen Prinzip. Wenn die Bandbreiten großzügiger geplant werden, übernimmt der Zufall immer mehr bildgestalterische Aufgaben.
Dem Zufall wird Raum gegeben, er unterliegt natürlich meiner Regie. Interessanterweise entscheidet sich der Zufall sehr häufig für die zum bacteriographischen Gemäldetyp passende Dimension. Ich werde den Eindruck nicht los, dass der Zufall (Sie gestatten mir die Personifizierung des Zufalls) einen Sinn für Ausgewogenheit, Harmonie und Stimmigkeit besitzt!

 

Ihre Bakterien sind also Ensemblemitglieder?

Auf jeden Fall! Es gibt genügend Parallelen zum Schauspiel. Nicht umsonst sehe ich in der bacteriographischen Bildentwicklung eine Allegorie auf ein Schauspiel. Manche Ensemblemitglieder können mehr als 100 Rollenspiele übernehmen.

 

Was verstehen Sie unter Rolle?

Bacteriographische Rollen gibt es viele! Die Farbausbildung, Effektausbildung, diverse Strukturgebungen, z. B. Craquelé, das Erzeugen einer oder mehrer Zusatzfarben, Pointillismus ausbilden, schwärmen… All das sind Rollen. Natürlich benötigen sie eine Bühne. Erst auf meinem bacteriographischen Bühnen konnten die Bakterien zu Ensemblemitgliedern avancieren, auf ihr Können aufmerksam machen und ihre Fähigkeiten umsetzen.

 

Der Maluntergrund ist also eine Bühne! Wie muss diese beschaffen sein?

Ich möchte es gerne mit den Worten von Matthias Kralj (Bühnen- und Kostümbildner, geb. 1933 in Ljubljana) sagen:

„Ich habe begriffen, was am Theater erwartet und was gebraucht wird:

Und ich habe begriffen, dass keines dieser Elemente bei der bacteriographischen Bühne fehlen darf!

 

Wie lange wird an einem bacteriographischen Gemälde gearbeitet?

Die Arbeitet setzt sich folgendermaßen zusammen:

 

Einfache Bühnen sind in ca. 10 Minuten fertig, Multifunktionsbühnen dagegen können bis zu 10 Stunden in Anspruch nehmen.
Beim Malen ist es ebenso. Zehn bis fünfzehn Minuten bis zu einer maximalen Tagesleistung von 17 Stunden. Meist wird auf einfachen Bühnen ein aufwändiges Motiv und auf aufwändigen Bühnen ein einfaches Motiv gemalt, da im letzten Fall die Bühne gestalterisch mitwirkt.
Insgesamt dauert das Anfertigen eines bacteriographischen Gemäldes ca. 1 Woche.

 

Was ist an der Bacteriographie wirklich neu? Und gibt es Querverbindungen zu anderen Kunstrichtungen?

Bei der Bacteriographie ist eigentlich alles neu!
Der epochalste Paradigmenwechsel war wohl die Einführung der Dynamik bzw. von schauspielerischen  Elementen in die Bildende Kunst. Da es Parallelen zum Schauspiel gibt, ist eine Quervernetzung zur Darstellenden Kunst unübersehbar.
Noch einige Novitäten:

 

Gibt es zu den sicherlich teuren Originalen eine Alternative, z. B. Kunstdrucke?

Ja, es sind sog. Pigment-Kunstdrucke.
Für den Pigmentdruck werden spezielle Pigmenttinten und eigens dafür entwickelte Drucker verwendet. Hochwertige Papiere werden mit der speziell für diesen Zweck entwickelten Ultra Chrom K3-Pigmenttinte bedruckt. Diese ist laut Testergebnissen des unabhängigen Wilhelm Imaging Research Institutes weit länger als 100 Jahre haltbar. Dies entspricht ungefähr der zehnfachen Haltbarkeit von Tinten, die bei einer Vielzahl an Farbfotodrucken verwendet werden. Pigmenttinten sind hoch licht-, alterungs- und somit archivbeständig.
Die Pigment-Kunstdrucke sind streng limitiert. Von einem bacteriographischen Originalgemälde gibt es nur 10 Pigment-Kunstdruck-Ausfertigungen.

 

Wie sieht es mit der Haltbarkeit der Originale aus?

Die meisten bakteriellen Farbstoffe und Pigmente sind recht gut lichtbeständig. Dennoch sollten bacteriographische Originale nicht in hellen Bereichen auf Dauer verweilen. Diese Naturwunder sollten eher als Sammlung in einer Mappe aufbewahrt werden. Beim Erwerb eines Originales erhält der Käufer zusätzlich einen authentischen Pigmentkunstdruck, der wie ein konventionelles Gemälde gehandhabt werden kann. Das einzigartige und wertvolle Original kann ja jederzeit präsentiert werden…

 

Ist ein Ende der Forschungen und Neuentdeckungen abzusehen?

Nein, auf keinen Fall! Wahrscheinlich gibt es gar kein Ende!

 

Ihr Ensemble kann nicht verloren gehen?

Nein, die Ensemblemitglieder werden in einem von mir entwickelten Medium bei minus 75°C aufbewahrt. Der Verlust nur eines einzigen Ensemblemitgliedes wäre für mich, gelinde gesagt, eine Katastrophe.

 

Welche Zeit wurde in die Ensemblesuche bisher investiert?

Elf Jahre, es sind derzeit 150 Mitglieder aus aller Welt vorhanden! (Stand 2011)

 

Eine letzte Frage noch: gibt es, sagen wir „Geheimnisse“ in Ihrer Kunst?

Ja, ich will die Bacteriographie nicht entmystifizieren. Die Papiertechnologie, die Appretur und viele Handhabungen gehören zum Betriebsgeheimnis.

nach oben